Bambootanik
Den
Begriff Bambus hat Carl von Linné 1753 in Anlehnung
an das indische Wort " MAMBU" in die botanische
Fachsprache eingeführt.
Die
Bambusoideae sind ein Teil der Familie der Gräser. Weltweit
wir von einer riesigen Artenvielfalt
mit nahezu 1500 bekannten und benannten Arten ausgegangen.
Man
unterscheidet zunächst zwei Hauptgruppen:
Die hostbildenden mit engverflochtenem Wurzelstock und
die Ausläufer bildenden Bambus-Gattungen. Die Übergänge
sind wie überall in der Natur fließend. Es
gibt streichholzdünne Wuchsarten, andere wiederum werden
bis zu 40 m hoch und bilden Halme von 30 Zentimetern
Durchmesser.
Ein
Bambushalm kann bis zu einem Meter am Tag wachsen und
das Riesengras gilt als die schnellstwüchsige Pflanze
der Erde. Ob in feuchten, tropischen Gebieten oder in
3500m Höhe, Bambus gedeiht unter sehr unterschiedlichen
ökologischen Bedingungen. Sei es Dürre, 4000mm Niederschlag
oder Minustemperaturen, irgendeine Bambusart wächst
selbst unter solchen
extremen Bedingungen. |
Das
"Baumgras" ist auch ein idealer Luftreiniger.
Ein Bambushain produziert viel mehr Sauerstoff als eine
vergleichsweise ebenso große Waldfläche. In Asien und
insbesondere in China wird Bambus auf Anbauflächen gepflanzt,
auf denen momentan kein Reis mehr gedeiht, mit dem Resultat,
daß nach etwa 10 Jahren die benötigte Bodenqualität
wieder hergestellt ist.
Die Bambushalme sind innen hohl und durch die
sogenannten Internodien (Knoten) in einzelne Kammern
getrennt. Dieser Aufbau verleiht ihnen mehr Stabilität
als das durch Dickenwachstum geprägte Jahresringsystem
eines Baumes. Die holzartigen Außenwände weisen eine
porige Struktur auf, die den Nährstofftransport ermöglicht.
Ein Merkmal für eine intelligente Art der Leichtbauweise
der Natur. |
Faszination
Bambusblüte
Die Bambusblüte ist wohl eines der rätselhaftesten Mysterien
der Pflanzenwelt. Hier gibt es noch echte Herausforderungen
für unsere Forscher und Botaniker. Alle Bambuspflanzen
einer bestimmten Spezies blühen zur gleichen Zeit; egal
ob sie in tropischen Klimazonen auf Bali oder im trockenkalten
europäischen Klima wachsen. Nach der Blüte sterben sie
kollektiv ab und niemand konnte bislang dieses Phänomen
erklären.
Vermutungen
gehen von arttypischen genetischen "Blühbefehlen"
bis hin zum Auf und Ab der Sonnenfleckeaktivität.
Sehr
viele Bambusarten blühen nach 25 - 35 Jahren und sterben
danach ab, bei einigen dauert der Lebenszyklus bis zu
120 Jahren. Nach dem Absterben hinterlassen sie einen
Berg voller nährreicher Samen, die wiederum Samenfresser
wie Vögel, Ratten, Mäuse und Dschungelhühner anlocken.
Das Überangebot an Nahrung kann aber nicht komplett
bewältigt werden, so daß ein Teil der Samen doch keimen
und das Überleben der Bambusart in der nächsten Generation
sichern kann. |
Faszination
Natur pur. Andere Pflanzen wehren sich durch
Fruchtverkapselung, Gift oder Ungenießbarkeit ihrer
Samen gegen das Verspeistwerden. Der Bambus überlebt
nach dem Prinzip der sogenannten "Big-bang-reproduction".
Faszination
Bambusblüte: Wie oft in Ihrem Leben haben Sie
die Gelegenheit einen blühenden Bambus zu betrachten?
Und
wie immer in der Natur bestätigt die Ausnahme die Regel,
manche Phyllostachys- und vereinzelt auch Sasa-Arten
blühen und treiben in meinem Bambusgarten schon seit
Jahren, immer mal wieder ohne daß die Pflanzen bislang
ganz abgestorben sind.
Rätselhaft
und faszinierend. Der Rohstoff
Ein
sehr gutes Beispiel für pflanzliche Leichtbauweise ist
der natürliche Bauplan des Grases. Es
wird vielen physikalischen Anforderungen gerecht:
Rund,
leicht, hohl, gekammert, biegsam und sehr elastisch
ist es auch wasserfest und wasserdicht, also insgesamt
hoch belastbar. Die lackartige Oberfläche der Halme
bewirkt eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Feuer und
Chemikalien. Eine Oberflächenbehandlung der Halme wird
daher nicht benötigt.
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Vergleicht
man Bambus mit anderen Werkstoffen, so ist er mit 40
Kilopond pro Quadratmillimeter genauso reißfest wie
Baustahl, in puncto Härte kann man Bambus mit Eiche
vergleichen. Die enorme Flexibilität und Belastbarkeit
zugleich zeigt sich bei den erdbebensicheren Anwendungen
im Gerüstbau in Asien. Die Elastizitäts- und Biegeeigenschaften
sind im Vergleich zu anderen Holzarten mit Abstand die
Besten
Bereits
nach 4-6 Jahren Wachstum kann Bambus geerntet und als
Baustoff verarbeitet werden. Er ist also ein schnell
nachwachsender und damit sehr ökologischer Werkstoff
aus der Pflanzenwelt. Binnen 35 Jahren kann eine Pflanze
bis zu 15 Kilometer verwertbare Halme (Stämme) hervorbringen.
Deswegen wären bei seiner breiten Anwendung auch in
westlichen Ländern keine wesentlichen Engpässe bei der
Versorgung mit Material zu erwarten.
Der
Feind des Bambus ist der Bohrkäfer „Dinoderus minutus“
. Seine Larven sind gierig auf die Stärke im Halm, wo
sie sich dann auch in den porösen Zwischenräumen einnisten.
Einmal befallen, können ganze Bambus-Bauten innerhalb
von 5 Jahren einstürzen. Angesichts dieses Risikos übernahm
man in Asien scheinbar die langlebigeren Baustoffe aus
der westlichen Welt.
Es
wurde sehr viel an unterschiedlichsten Schutzverfahren
gegen den „Käferbefall gearbeitet, die meisten „Mittelchen“
waren aber, wie auch hier im Westen die Anti-Holzwurm-Produkte,
sehr gesundheitsschädlich.
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Der
Hamburger Professor Walter Liese hat aber mittlerweile
ein umweltfreundliches Verfahren entwickelt, wobei mit
hohem Luftdruck der Bambussaft aus den Halmen gepreßt
wird. Die Käferlockspeise wird dann durch eine Salzlösung
ersetzt, die nur dem Schädling schadet. Auf Bali und
in Costa Rica wurden diese Verfahren bereits erfolgreich
eingesetzt.
Auch
das Räuchern der Bambusstangen über stark rauchenden
Feuerstellen verhindert den Schädlingsbefall.
Anwendungen
Mit
weit über 1000 Nutzungsarten von Bambus wird hier eine
sehr große Bandbreite abgedeckt.
Dächer,
Böden, Wände und Decken, Zäune, Gefäße, Nahrungsmittel
und Küchengeräte, Angelruten, Netze, Kleidungsstücke,
Schiffe, Flugzeuge, Sonnenschirme, Tabakpfeifen, Musikinstrumente,
Papier, Matten und Waffen werden aus Bambus gefertigt.
Aber
wer weiß schon, daß die im Halm entstehende Kieselsäure,
der „Bambuszucker“ ein Heilmittel gegen Astma ist oder
daß man aus Bambus in China Likör, in Tansania Schnaps
in Burma Pfeilgift und in Vietnam Flugzeugtreibstoff
herstellt.
Alexander
Graham Bell zeichnete den ersten Ton seines Phonographen
mit Hilfe einer Bambusnadel auf. Sogar bei den grausamen
Foltermethoden der Roten Khmer in Kambodscha kam Bambus
zur Anwendung.
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Ein
sehr breit gefächertes Anwendungsgebiet ist die Architektur.
Das Stuttgarter Institut für leichte Flächentragwerke
hat über 1000 bambusspezifische Konstruktionssysteme
aus aller Welt gesammelt. Die „Große Brücke“ in der
chinesischen Provinz Sichuan überspannte 1000 Jahre
den Min-Fluß. Sie war eines der ältesten intakten Bambusbauwerke,
bevor sie im Jahre 1998 einer Überschwemmungskatastrophe
zum Opfer fiel. Die Urmutter aller Hängebrücken war
aus nachspannbaren, 18 Zentimeter dicken Bambuskabeln
konstruiert und gehörte zu den Weltwundern der antiken
Ingenieurskunst.
Die
spektakulärste Leistungsfähigkeit des Werkstoffes in
puncto Flexibilität und Belastbarkeit zeigen uns die
mit Bambus eingerüsteten Wolkenkratzer-Baustellen in
Hongkong, Tokio oder Shanghai.
In
Kolumbien und Costa Rica überstanden Bambusbauten als
einzige mehrere Erdbeben und nach dem Atombombenangriff
auf Hiroshima standen nur noch Bambuskonstruktionen
in der sonst total zerstörten Stadt.
Heutzutage
werden jährlich rund 20 Millionen Tonnen Bambus geerntet.
Über 2 Milliarden Menschen weltweit verdienen Ihren
Lebensunteralt mit dem Erzeugen, Verarbeiten und Vermarkten
von Bambus. Trotzdem haben die westliche Zivilisation
und deren Werkstoffe wie Beton, Stahl und Plastik Bambus
in Asien ins Abseits gedrängt. Es gilt als „poor man’s
timber, das „Holz des armen Mannes“. Dabei hat er ökonomisch
und ökologisch große Vorteile gegenüber den vermeintlich
„moderneren“ Materialien. |
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